Episode 103 -
Wirtschaft neu imaginieren

Episode 103 -
Wirtschaft neu imaginieren

Silja Graupe absolvierte zunächst einen Diplomstudiengang in Wirtschaftsingenieurwesen an der Technischen Universität Berlin, um sich dann der ost-asiatischen Philosophie zuzuwenden, ohne jedoch einen Wirtschaftsschwerpunkt aufzugeben. So promovierte sie 2005 zum Thema „Der Ort ökonomischen Denkens. Die Methodologie der Wirtschaftswissenschaften im Licht japanischer Philosophie“.

Von 2009 bis 2014 lehrte sie, zunächst als Juniorprofessorin im Fachbereich Bildungswissenschaften, später als Professorin im Fachbereich Wirtschaft, an der Alanus Hochschule für Kunst und Gesellschaft in Alfter bei Bonn. Seit Februar 2014 ist sie Mitglied des Präsidiums der Cusanus Hochschule, die sie mit gegründet hat. Seitdem hat sie auch die Professur für Ökonomie und Philosophie am Institut für Ökonomie der Hochschule inne.

Silja Graupe gilt als Vorreiterin im Bereich der Imaginations- und Zukunftsforschung der Ökonomie. In ihren Forschungen zeigt sie, dass Wirtschaftsakteure imaginative und kreative Fähigkeiten besitzen, die sie dazu nutzen, um ökonomische und gesellschaftliche Realitäten zu imaginieren und zu realisieren. Dabei entwickelt sie ein neues Erkenntnisparadigma für die Ökonomie, dass die hochgradig abstrakten und rationalen Wissensformen, wie sie der ökonomische Mainstream seinen Modellen zugrundelegt, um zahlreiche weitere Schichten und Wissensformen erweitert. Eine wichtige Rolle kommt dabei dem Gemeinsinn zu, der verschiedene Wissensformen vermittelt und integriert. Gemeinsam mit Walter O. Ötsch hat sie das entsprechende Forschungsfeld innerhalb der deutschsprachigen Ökonomik angestoßen.

Silja‘s Grundlagenforschung ging u. a. in die Konzeption des Master-Studiengangs „Ökonomie – Imagination – Zukunftsgestaltung“ ein. In seinem Rahmen sollen Studierende imaginative und narrative Fähigkeiten ausbilden und für eigene, zukunftsfähige Wirtschaftspraktiken nutzbar machen.

Silja vertritt in Forschung und Lehre den Standpunkt, dass gegenwärtig die Ökonomie von einer geistigen Monokultur, d. h. einem dogmatischen Mainstreamdenken (insbesondere der Neoklassik) durchsetzt ist und dabei bewusst oder unbewusst unsere Lebenswelt gestaltet. Diese geistige Monokultur fuße dabei auf Annahmen, die allerdings in hohem Maße aus wissenschaftstheoretischer, empirischer oder normativer Perspektive infrage zu stellen seien. Dies sei insbesondere aufgrund ihrer ökonomisierenden Auswirkungen auf soziale und wirtschaftliche Realitäten erforderlich. Ihre Kritik richtet sich dabei vor allem auf die ökonomische Lehre und dort verwendete Lehrmittel. Im Rahmen mehrerer Forschungsprojekten hat sie den einschlägigen Lehrbüchern neben oben genannten Aspekten auch indoktrinierende Tendenzen nachgewiesen.

 

unsere Gesprächspartner

Prof. Dr. Silja Graupe

cusanus-hochschule.de

Prof. Dr. Silja Graupe ist Professorin für Ökonomie und Philosophie, Leiterin des Instituts für Ökonomie und Vizepräsidentin der Cusanus Hochschule für Gesellschaftsgestaltung in Bernkastel-Kues, zu deren Gründer:innen sie gehört.

In ihrer Forschung und Lehre fördert sie den Mut von Menschen, den ureigenen Voraussetzungsboden wirtschaftlicher Gewohnheiten verstehen zu lernen, um in dieser Tiefe Formen und Möglichkeiten der Neugestaltung und Veränderung zu entwickeln.

In öffentlichen Interventionen, Vorträgen und Stellungnahmen schlägt sie Brücken zwischen Academia und Öffentlichkeit, um auch und gerade hier neue Möglichkeitsräume des Ökonomischen zu eröffnen. Die von ihre geleitete Initiative DIE WIRTSCHAFT VON MORGEN steht beispielhaft dafür.

Martin Permantier

Martin Permantier

short-cuts.de

Martin Permantier ist Autor, Seminarleiter, Speaker und Coach. Er begleitet als Gründer und Geschäftsführer von SHORT CUTS seit über 20 Jahren Unternehmen bei ihrer strategischen Ausrichtung und Positionierung. SHORT CUTS ist eine Agentur für Corporate Identity und unterstützt Unternehmen dabei Kommunikation, Kultur und Design zu entwickeln und auf den Punkt zu bringen.