Episode 87 -
Systemaufstellung zur Erkundung der Welt

Episode 87 -
Systemaufstellung zur Erkundung der Welt

Prof. Dr. Georg Müller Christ ist Professor an der Uni Bremen für Nachhaltiges Management. Dort beforscht er unter anderem Systemaufstellungen als innovatives didaktisches Format zur Vermittlung von Orientierungswissen und Systemkompetenz für Studierende.

Es geht ihm dabei darum, anders zu forschen und lehren, um Nachhaltigkeit besser zu verstehen.

Wirtschaftsethik, Nachhaltigkeit und Gesellschaftsverantwortung sind eher dem Orientierungswissen als dem Gestaltungswissen zuzuordnen und brauchen  andere Vermittlungsformen als Vortrag, Vorlesung oder Literaturstudium. Orientierungswissen ist letztlich Beziehungswissen und die Art von Beziehungen können durch die Methode der Systemaufstellung visualisiert, erfahrbar und diskutierbar gemacht werden.

In diesem Gespräch gibt er uns einen anschaulichen Einblick in seinen Ansatz, Systemaufstellung zur Erkundung der Welt zu nutzen.

In seinen Lehrveranstaltungen an der Universität Bremen arbeitet er seit einiger Zeit mit der Methode der Systemaufstellung in der Lehre – nach einer Fortbildung zum zertifizierten Systemaufsteller. Die bisherigen Erfahrungen und die Rückmeldungen der Studierenden zum Einsatz der Methode versprechen einen großen Mehrwert bei der Vermittlung von Kompetenzen und dem Verstehen und Erinnern von Inhalten der Wirtschaftsethik, nachhaltigen Entwicklung und der allgemeinen Managementlehre.

Innovativ ist auch, dass in einem koedukativen Modul Führungskräfte und Studierende gemeinsam forschungsorientiert lernen, wie Nachhaltigkeit in Unternehmen verankert werden kann. Praktiker:innen werden eingeladen, in Veranstaltungen mit den Studierenden ihre Nachhaltigkeitsfragen aufzustellen. Die Studierenden lernen dabei sowohl aus der Erfahrung als Repräsentant:innen in den Aufstellungen als auch in der intensiven Nachbereitung der gewonnenen Erkenntnisse. Am Ende der Versuchsphase steht ein neues Konzept für ein koedukatives Lernen von Führungskräften und Studierenden.

Systemaufstellungen vermitteln ein «Denken in Beziehungen“ und können in der universitären Lehre zur Erreichung einer höheren Kompetenzstufe der Studierenden dienen. Unabhängig vom Lehrfach, in dem die Methodik angewandt wird, wird die Entwicklung der kognitiven Kompetenzstufen Wissen, Verstehen, Anwenden, Analysieren, Synthetisieren und Bewerten durch Systemaufstellungen unterstützt. Die tiefergehende Beschäftigung mit Inhalten über das Hören hinaus lässt Studierende das Gelernte reflektieren und verinnerlichen. Neben dem Ausbau allgemeiner Kompetenzen wird durch die Lehrmethodik der Systemaufstellung immer die sogenannte systemische Kompetenz weiter entwickelt. Die Innovation liegt darin, dass die Studierenden selbst durch ihr szenisches Mitwirken an der Aufstellung ein kollaboratives Erkennen (Gruppenerlebnis) ermöglichen und im Sinne eines forschenden Lernens nicht nur komplexe Inhalte visualisieren, sondern auch auf ganz neue Forschungsfragen stoßen.

Beziehungen werden häufig in einer Art Raumsprache ausgedrückt: Wie stehen Unternehmen zum Thema Wirtschaftsethik, wie stehen ethische Normen zur Profitorientierung, wie stehen unterschiedliche betriebliche Entscheidungsprämissen wie Effizienz, Verantwortung und Substanzerhaltung zueinander? Im Hörsaal oder Seminarraum stellen sich Studierende als Repräsentant:innen für die Systemelemente Ethik, Unternehmen, Gewinn, Mitarbeiter:innen und Kund:innen auf und drücken durch den Abstand und die Blickrichtung ihre Vorstellungen davon aus, in welcher Relation die einzelnen Elementen zueinander stehen.

Eine Aufstellung ist etwas anderes als eine theatralische Inszenierung. Theater setzt ein Drehbuch voraus, Aufstellungen arbeiten mit den inneren Bildern, die die Studierenden vom Gesamtzusammenhang haben. Sie lernen mit der innovativen und bislang kaum für die Lehre erschlossenen Methode der Systemaufstellung, komplexe Sachverhalte, praktische Problemstellungen und theoretische Vermittlungsinhalte nicht nur theoretisch und kognitiv zu erschließen. Vielmehr erfahren sie durch die Aufstellung von Systemen im Raum auch körperlich und emotional deren Spannungsfelder. Sie erleben über die repräsentierende Wahrnehmung ganzheitlich, welchen unsichtbaren Dynamiken Systeme ausgesetzt sein können, welche versteckten Wirkungen auf diese Weise sichtbar gemacht werden können und welche unterschiedlichen Interpretationsansätze sich ergeben können.

 

Das inspiriert Georg Müller-Christ

Die Welt ist voller Lösungen: Nachhaltigkeit ist ein herausforderndes Thema für uns Menschen, die Lösungen sind vielfach schon da, ich helfe, sie zu sehen.

Komplexität lieben lernen:  Die VUCA-Welt mag volatil, unsicher, komplex und ambivalent sein, wir können uns darin wohlfühlen. Ich will dazu beitragen.

Dilemmata sind der Normalfall: Die unerreichbare Gleichzeitigkeit zu versprachlichen und auszuhalten ist unsere Aufgabe, reden wir darüber!

Systemaufstellungen doppelt verdeckt: Wir lernen, unseren Systemen zuzuhören und die emergente Zukunft zu erkennen. Was für ein Dialog!

Zu unserem Buch ICH-WIR-ALLE hat Georg diesen Essay beigesteuert: 
"In (allen) Wirkungen denken können".

unsere Gesprächspartner

Prof. Dr. Georg Müller Christ

www.uni-bremen.de/nm

Prof. Dr. Georg Müller-Christ ist Professor für Nachhaltiges Management an der Universität Bremen und zertifizierter Mastertrainer für Systemaufstellungen.

www.uni-bremen.de/nm

www.mc-managementaufstellungen.de

Martin Permantier

Martin Permantier

short-cuts.de

Martin Permantier ist Autor, Seminarleiter, Speaker und Coach. Er begleitet als Gründer und Geschäftsführer von SHORT CUTS seit über 20 Jahren Unternehmen bei ihrer strategischen Ausrichtung und Positionierung. SHORT CUTS ist eine Agentur für Corporate Identity und unterstützt Unternehmen dabei Kommunikation, Kultur und Design zu entwickeln und auf den Punkt zu bringen.